Mozart trifft Piazzolla – Konzert Limburg
So, 30. September 2018, 18:00 Uhr
LIMBURG an der Lahn, Stadthalle, Hospitalstraße 4
Interpreten
William Sabatier
Bandoneon
Friedemann Wuttke
Gitarre
Südwestdeutsches Kammerorchester Pforzheim
Timo Handschuh
Leitung
William Sabatier, Bandoneon
William Sabatier gehört weltweit zu den bedeutendsten Interpreten und Arrangeuren der Musik des Tango-Genier Astor Piazzolla. Er hat als Interpret, Bearbeiter und Komponist an zahlreichen Projekten mitgewirkt und ist ein gern gesehener Gast bei nationalen und internationalen Orchestern. Seit vielen Jahren arbeitet er mit den besten Tango-Nuevo-Musikern zusammen und leitet verschiedene Ensembles, mit denen er in der ganzen Welt auf Tournee geht. Unter anderem wirkt William Sabatier am Projekt „Von Monteverdi zu Piazzolla“ des argentinischen Dirigenten Leonardo Garcia Alarcon mit. Seit 2013 spielt er mit dem französischen Streichquartett „Terpsychordes“ ein Programm, das die von ihm komponierte Suite „Les Hommes de Piaf“ mit Werken Astor Piazzollas verbindet. Mit dem deutschen Gitarristen Friedemann Wuttke trat er 2017 auf verschiedenen Sommerfestivals in Deutschland und Frankreich auf und spielte 2018 mit ihm zahlreiche Kammermusikprogramme und Konzerte mit Orchester.
Friedemann Wuttke, Gitarre
Der Gitarrist Friedemann Wuttke studierte an der Musikhochschule Stuttgart und vervollständigte seine Ausbildung unter anderem in Meisterkursen international bekannter Solisten. „Gitarre Hamburg“ schreibt 2005: „Nicht nur durch seine instrumentalen und musikalischen Qualitäten - die höchsten Ansprüchen genügen - hat sich der sympathische Musiker einen festen Platz in der vordersten Reihe der deutschen Gitarristik erspielt. Insbesondere sein Gespür für interessante Programmgestaltung und die fruchtbare Zusammenarbeit mit anderen namhaften Künstlern sorgen dafür, dass Friedemann Wuttke nicht unterbeschäftigt bleibt. Ein Musiker, der konsequent seinen Weg geht.“ Durch die kompromisslose Hinwendung zum klassischen Repertoire und zur ernsthaften Programmgestaltung nimmt Friedemann Wuttke eine Sonderstellung unter den Konzertgitarristen ein. Seine vielseitigen Programme sind immer geprägt von klaren Inhalten und seinem künstlerisch anspruchsvollen Profil. Er wird nicht nur im Inland gerne eingeladen, sondern seine Konzerte führten ihn in fast alle europäischen Länder, nach Russland, Südostasien, Afrika und Südamerika, wo er auch in großen Konzerthäusern als Solist oder mit Orchester auftrat. Seit 2004 ist er exklusiv als Konzertgitarrist dem Tonträger-Label Hänssler Profil Medien verbunden.
Timo Handschuh, Leitung
Timo Handschuh wurde 1975 in Lahr im Schwarzwald geboren und gründete bereits als 17-jähriger in seiner Heimatstadt ein eigenes Orchester. Er absolvierte zunächst ein Kirchenmusikstudium an der Musikhochschule Stuttgart (A-Examen), anschließend ein Kapellmeisterstudium, das er 2004 an der Musikhochschule Freiburg mit Auszeichnung abschloss. Noch während des Studiums wurde Timo Handschuh 2002 an die Staatsoper Stuttgart engagiert, wo er als musikalischer Assistent von Generalmusikdirektor Manfred Honeck, als Kapellmeister und Gastdirigent u.a. Madama Butterfly, Idomeneo, Così fan tutte, Il Trovatore, Le Nozze di Figaro, Die Fledermaus, Aida, Der fliegende Holländer und Der Freischütz dirigierte. 2011 wurde er als Generalmusikdirektor nach Ulm berufen.
Neben der Opernarbeit hat Timo Handschuh nie seine Konzertaktivitäten vernachlässigt, sondern sich parallel dazu am Pult renommierter Orchester ein weit gespanntes Repertoire in den Bereichen Sinfonik und Kammerorchester erarbeitet. Er selbst sagt dazu: „Die Arbeit in beiden Bereichen erweitert den Horizont ungemein: Oper und Konzert, Sänger und Instrumentalsolisten – beide Bereiche geben immer wieder neue Impulse und befruchten sich gegenseitig.“ Von 2013 bis 2019 wirkte Timo Handschuh als Künstlerischer Leiter und Chefdirigent des Südwestdeutschen Kammerorchesters Pforzheim und prägte in dieser Zeit Klang, Stilistik und Programmatik dieses ebenso traditionsreichen wie innovativen Ensembles. Auch wenn er den Stab zum Beginn der Konzertsaison 2019/20 an Douglas Bostock als neuen Künstlerischen Leiter weitergereicht hat, ist er dem Kammerorchester weiter als Gastdirigent verbunden.
Programm
Luigi Boccherini (1743-1805)
La Musica notturna nelle strade di Madrid
Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791)
Divertimento F-Dur KV 138
Astor Piazzolla (1921-1992)
Oblivion für Violine und Streicher
Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791)
Divertimento D-Dur KV 136
Astor Piazzolla (1921-1992)
Hommage à Cordoba für Bandoeneon, Gitarre und Orchester
Astor Piazzolla (1921-1992)
Hommage à Liège für Bandoneon, Gitarre und Orchester
Luigi Boccherini, geboren in Lucca, lebte ab 1769 in Madrid, wo er zunächst in Diensten des spanischen Infanten, dann der Herzogin von Benavente stand. 1787 wurde Boccherini zum Hofcompositeur des preußischen Königs Friedrich Wilhelm II. ernannt, dem er fortan aus Spanien regelmäßig Musik zukommen ließ. Weit davon entfernt, zu den klassischen Kleinmeistern zu zählen, stellt Boccherini in allen seinen Werken eine außerordentlich hohe musikalische Eigenständigkeit und Experimentierfreude, gepaart mit der ganzen Eleganz des spanischen Rokoko, unter Beweis.
Sein selten zu hörendes, fantasievolles Werk “La Musica notturna delle strade di Madrid” (Die Nachtmusik der Straßen von Madrid) ist denn auch der nächtlichen Klangkulisse seiner Wahlheimat Madrid gewidmet und stellt pure musikalische Klangmalerei dar. Im ersten Satz erklingt das “Ave Maria delle Parrochie”, das nächtliche Gebet der Madrider Kirchen, im zweiten tanzen die “Ciechi”, die Blinden, ein Menuett. Nach dem stillen Gebet “Rosario” (Rosenkranz) folgt die Passacallia der Straßensänger, bevor die berühmte „Ritirata“ – der Zapfenstreich der Nachtwache – das Finale bildet. Die „Ritirata“ hat Boccherini dann aufgrund ihrer Beliebtheit in einem weiteren Streichquintett und einem Klavierquintett gleich nochmals verwendet.
Vermutlich in den Anfangsmonaten des Jahres 1772, Wolfgang Amadeus Mozart war also gerade 16 Jahre alt, entstanden ebenso vermutlich in Salzburg drei Werke, die als „Salzburger Divertimenti“ KV 136-138 oder auch als „Salzburger Sinfonien“ einen hohen Bekanntheitsgrad erreichten. Über die Bestimmung der Kompositionen ist wenig bekannt, möglicher Weise aber waren sie vorausschauend für die anstehende dritte und dann letzte Italienreise von Vater und Sohn Mozart im selben Jahr gedacht und hier, um in den Salons möglicher italienischer Förderer um gut Wetter zu klingen.
Zum „echten“ Divertimento fehlt den insgesamt drei Werken das mittige Menuett, aber die Dreisätzigkeit der Werke weist auf das intendierte „Vorzeigeland“ Italien hin, wo dies Usus war. Hier ist gut zu studieren, welche Meisterschaft der Orchesterbehandlung Mozart zu diesem Zeitpunkt bereits erlangt hat. So haben sich trotz ihres frühen Entstehungszeitpunktes die Salzburger Divertimenti als äußerst beliebte und damit anerkannte Mozart‘sche Werke etabliert.
Astor Piazzolla, Sohn italienisch-stämmiger Eltern, die aus wirtschaftlichen Gründen aus dem argentinischen Buenos Aires nach New York zogen, wuchs in den USA eher widerwillig mit der Tango-Begeisterung seines Vaters auf, der er vehement eine Leidenschaft für Bach und Jazz entgegensetzte. Erst nach der späten Rückkehr der Familie nach Buenos Aires kam es zu einem Schlüsselerlebnis, das aus dem Sohn Piazzolla ebenfalls einen leidenschaftlichen Tangoverfechter machte. Allerdings gab Astor Piazzolla nie seine anderen musikalischen Vorlieben dafür auf und schuf so in der bewusst gesuchten Auseinandersetzung zwischen klassischer Musik und Jazz einerseits und Tango andererseits eine ganz neue Form dieses heißblütigen Tanzes, der in Argentinien nicht nur eine Tanz- oder Musikform ist, sondern vielmehr Ausdruck eines besonderen Lebensgefühles. Piazzollas „Tango nuevo“ verfügt über mehr Schattierungen als der traditionelle Tango, liebt Gegensätze und unvorhersehbare Abbrüche, und spricht überhaupt eine faszinierende Klangsprache.
Im heutigen Programm steht Musik für Bandoneon, Gitarre und Orchester im Vordergrund, neben den bekannten Werken „Hommage à Cordoba“ und der „Hommage à Liège“ auch sein „Adios Noniño“ (“Adieu, Väterchen”). Piazzolla komponierte er im Oktober 1959 wenige Tage nach dem Tod seines Vaters, Vicente „Noniño“ Piazzolla, als ausdrucksstarke Erinnerung an ihn. „Oblivion“ („Vergessen“) ist einer von Piazzollas berühmtesten langsamen Tangos. Im Original ist die Solostimme seinem eigenem Instrument, dem Bandoneon, zugeordnet; bald schon aber entstanden von diesem tiefsinnigen Stück Bearbeitungen, in denen Geige oder Cello die wunderbare Solostimme auch für sich beanspruchten.