William Sabatier, Bandoneon

Friedemann Wuttke, Gitarre

Portrait Timo Handschuh, Leitung

Timo Handschuh, Leitung

Astor Piazzolla

Mozart trifft Piazzolla – Konzert Rheda-Wiedenbrück

Programm

Luigi Boccherini (1743-1805)

La Musica notturna nelle strade di Madrid

Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791)

Divertimento F-Dur KV 138

Astor Piazzolla (1921-1992)

Oblivion für Violine und Streicher

Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791)

Divertimento D-Dur KV 136

Astor Piazzolla (1921-1992)

Hommage à Cordoba für Bandoeneon, Gitarre und Orchester

Astor Piazzolla (1921-1992)

Hommage à Liège für Bandoneon, Gitarre und Orchester

 

Luigi Boccherini, geboren in Lucca, lebte ab 1769 in Madrid, wo er zunächst in Diensten des spanischen Infanten, dann der Herzogin von Benavente stand. 1787 wurde Boccherini zum Hofcompositeur des preußischen Königs Friedrich Wilhelm II. ernannt, dem er fortan aus Spanien regelmäßig Musik zukommen ließ. Weit davon entfernt, zu den klassischen Kleinmeistern zu zählen, stellt Boccherini in allen seinen Werken eine außerordentlich hohe musikalische Eigenständigkeit und Experimentierfreude, gepaart mit der ganzen Eleganz des spanischen Rokoko, unter Beweis.

Sein selten zu hörendes, fantasievolles Werk “La Musica notturna delle strade di Madrid” (Die Nachtmusik der Straßen von Madrid) ist denn auch der nächtlichen Klangkulisse seiner Wahlheimat Madrid gewidmet und stellt pure musikalische Klangmalerei dar. Im ersten Satz erklingt das “Ave Maria delle Parrochie”, das nächtliche Gebet der Madrider Kirchen, im zweiten tanzen die “Ciechi”, die Blinden, ein Menuett. Nach dem stillen Gebet “Rosario” (Rosenkranz) folgt die Passacallia der Straßensänger, bevor die berühmte „Ritirata“ – der Zapfenstreich der Nachtwache – das Finale bildet. Die „Ritirata“ hat Boccherini dann aufgrund ihrer Beliebtheit in einem weiteren Streichquintett und einem Klavierquintett gleich nochmals verwendet.

Vermutlich in den Anfangsmonaten des Jahres 1772, Wolfgang Amadeus Mozart war also gerade 16 Jahre alt, entstanden ebenso vermutlich in Salzburg drei Werke, die als „Salzburger Divertimenti“ KV 136-138 oder auch als „Salzburger Sinfonien“ einen hohen Bekanntheitsgrad erreichten. Über die Bestimmung der Kompositionen ist wenig bekannt, möglicher Weise aber waren sie vorausschauend für die anstehende dritte und dann letzte Italienreise von Vater und Sohn Mozart im selben Jahr gedacht und hier, um in den Salons möglicher italienischer Förderer um gut Wetter zu klingen.

Zum „echten“ Divertimento fehlt den insgesamt drei Werken das mittige Menuett, aber die Dreisätzigkeit der Werke weist auf das intendierte „Vorzeigeland“ Italien hin, wo dies Usus war. Hier ist gut zu studieren, welche Meisterschaft der Orchesterbehandlung Mozart zu diesem Zeitpunkt bereits erlangt hat. So haben sich trotz ihres frühen Entstehungszeitpunktes die Salzburger Divertimenti als äußerst beliebte und damit anerkannte Mozart‘sche Werke etabliert.

Astor Piazzolla, Sohn italienisch-stämmiger Eltern, die aus wirtschaftlichen Gründen aus dem argentinischen Buenos Aires nach New York zogen, wuchs in den USA eher widerwillig mit der Tango-Begeisterung seines Vaters auf, der er vehement eine Leidenschaft für Bach und Jazz entgegensetzte. Erst nach der späten Rückkehr der Familie nach Buenos Aires kam es zu einem Schlüsselerlebnis, das aus dem Sohn Piazzolla ebenfalls einen leidenschaftlichen Tangoverfechter machte. Allerdings gab Astor Piazzolla nie seine anderen musikalischen Vorlieben dafür auf und schuf so in der bewusst gesuchten Auseinandersetzung zwischen klassischer Musik und Jazz einerseits und Tango andererseits eine ganz neue Form dieses heißblütigen Tanzes, der in Argentinien nicht nur eine Tanz- oder Musikform ist, sondern vielmehr Ausdruck eines besonderen Lebensgefühles. Piazzollas „Tango nuevo“ verfügt über mehr Schattierungen als der traditionelle Tango, liebt Gegensätze und unvorhersehbare Abbrüche, und spricht überhaupt eine faszinierende Klangsprache.

Im heutigen Programm steht Musik für Bandoneon, Gitarre und Orchester im Vordergrund, neben den bekannten Werken „Hommage à Cordoba“ und der „Hommage à Liège“ auch sein „Adios Noniño“ (“Adieu, Väterchen”). Piazzolla komponierte er im Oktober 1959 wenige Tage nach dem Tod seines Vaters, Vicente „Noniño“ Piazzolla, als ausdrucksstarke Erinnerung an ihn. „Oblivion“ („Vergessen“) ist einer von Piazzollas berühmtesten langsamen Tangos. Im Original ist die Solostimme seinem eigenem Instrument, dem Bandoneon, zugeordnet; bald schon aber entstanden von diesem tiefsinnigen Stück Bearbeitungen, in denen Geige oder Cello die wunderbare Solostimme auch für sich beanspruchten.

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